Die Antwort vom 2. Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) zur Nutzung von umweltfreundlichem HVO100 in allen städtischen Diesel-Fahrzeugen in München überrascht und bremst einen großen Klimaschutzhebel im Verkehrssektor aus. Die CSU/Freie Wähler-Fraktion hatte auf einen Antrag aus März 2024 Bezug genommen und am 22. Juli 2025 von den Stadträten Dr. Michael Haberland, Veronika Mirlach, Hans Hammer, Michael Dzeba und Hans-Peter Mehling die Landeshauptstadt München um Erklärung gebeten, wie weit es um den Einsatz von HVO100 im kommunalen Fahrzeugfuhrpark bestellt ist. Jetzt steht fest: Die Stadt könnte Emissionen senken, hält aber an Fehlinformationen und falschen Einschätzungen fest und bremst die saubere Dieselalternative.
München könnte heute schon messbar CO₂ einsparen – allein durch den Einsatz von HVO100, eines non-fossilen Dieselkraftstoffs aus biologischen Rest- und Abfallstoffen. Der Kraftstoff erfüllt die europäische Norm EN 15940, ist an immer mehr Tankstellen verfügbar und wird in vielen Kommunen bereits erfolgreich eingesetzt. Doch die Münchner Stadtverwaltung zögert. In seiner jüngsten Stellungnahme verweist Bürgermeister Dominik Krause (Die Grünen) auf bereits 2024 geäußerte Vorbehalte. Demnach hätten sich die damaligen betrieblichen Bedenken gegen hydriertes Pflanzenöl ebenso wenig geändert wie die vom Referat für Klima- und Umweltschutz vorgebrachte Kritik an der Nachhaltigkeit. Zwar erkennt Krause an, dass HVO-betriebene Neufahrzeuge inzwischen auf die gesetzliche Quote „sauberer Fahrzeuge“ angerechnet werden können, gleichzeitig betont er aber die nach wie vor eingeschränkte Verfügbarkeit: In München seien lediglich fünf Tankstellen bekannt, von denen einige nicht für Lkw geeignet seien, und der Ausbau der Infrastruktur verlaufe schleppend. Auch die aktuell um rund vier Prozent höheren Kraftstoffkosten und die angespannte Haushaltslage werden als Hürde genannt. Der tatsächliche Einsatz von HVO100 im kommunalen Fuhrpark beschränkt sich derzeit laut Krause auf einzelne Testfahrzeuge beim Abfallwirtschaftsbetrieb. Einen großen Rahmenvertrag über mehrere Millionen Liter habe die Stadt nie zugesagt. Strategisch verfolgt München weiterhin primär den Weg der Elektrifizierung, will HVO100 aber beobachten und gegebenenfalls dort einsetzen, wo E-Mobilität noch nicht praktikabel ist.
München steht auf der Bremse für mehr Nachhaltigkeit im Verkehr. Zahlreiche Fehleinschätzungen verhindern bislang zielführende Maßnahmen, eine erweiterte Perspektive verdeutlicht, welche Chancen dadurch ungenutzt bleiben:
1. Betriebliche Bedenken

Viele andere Städte und kommunale Betriebe in Bayern, Deutschland und Europa setzen HVO100 mittlerweile erfolgreich in ihren Fuhrparks ein. Beispielsweise Regensburg, Saarbrücken, Kaufbeuren, Nagold oder die Berliner Verkehrsbetriebe. Die technischen Freigaben der Fahrzeughersteller sind inzwischen deutlich verbreiteter und die praktische Erfahrung zeigt, dass keine Nachteile im Betrieb entstehen. Im Gegenteil: Der Premium-Dieselkraftstoff ist generell gut für moderne Dieselmotoren, da er sauberer verbrennt, weniger Schadstoffe ausstößt und die Motorleistung nicht negativ beeinflusst. Ein pauschales Festhalten an alten Bedenken ohne erneute Evaluation verhindert hier einen möglichen Fortschritt.
2. Nachhaltigkeitskritik
Die Kritikpunkte des RKU zur Nachhaltigkeit von HVO sind differenziert zu betrachten. HVO100 kann – abhängig von der Herkunft der Rohstoffe – sehr wohl eine erhebliche CO₂-Reduktion im Vergleich zu fossilem Diesel erzielen. Gerade wenn Reststoffe, Altspeiseöle oder Abfallfette eingesetzt werden, ist die Klimabilanz überzeugend positiv. Das hier oft angebrachte Argument des Palmöl-Einsatzes ist schlichtweg falsch. In der EU gilt sogar ein Verbot des Einsatzes vom Palmöl in HVO100.
3. Verfügbarkeit und Infrastruktur
Die Verfügbarkeit von HVO100 steigt täglich. In München und innerhalb des Autobahnrings A99 gibt es bereits 10 Tankstellen, die HVO100 anbieten. Die Entwicklung in München und auch im gesamten Land zeigt dahingehend bereits eine positive Tendenz, die durch eine gezielte Nachfrage seitens der Stadt deutlich beschleunigt werden könnte. Gerade öffentliche Auftraggeber haben die Möglichkeit, über Nachfrage Planungssicherheit für Anbieter zu schaffen und damit den Ausbau der Infrastruktur voranzutreiben, anstatt die aktuelle Situation als gegeben hinzunehmen. Jede siebte Tankstelle in Deutschland vertreibt HVO100 oder HVO Blends. In Deutschland gibt es HVO100 an immerhin etwa 500 Tankpunkten. Inklusive HVO-Beimischungen sind es sogar knapp 2.200. Tendenz steigend.
Zudem steht ausreichend HVO-Kraftstoff in München und Umgebung zur Verfügung, die auch durch die kommunalen Fahrzeuge der Stadt München nutzbar wären. Beispielsweise im Tanklager Krailling.
4. Kostenargument
Die Mehrkosten von derzeit rund 4 Prozent sind im Verhältnis zum Nutzen und der sofortigen Reduktion von Treibhausgasemissionen gering. Zudem sind die Mehrkosten für die Stadt in absoluten Zahlen überschaubar, während die positiven Effekte auf die CO₂-Bilanz, die Luftqualität und die Erreichung der Klimaziele erheblich sind. Angesichts steigender CO₂-Preise auf fossilen Diesel könnte HVO mittelfristig sogar wirtschaftlich günstiger sein.
5. Testeinsatz
Dass aktuell nur ein einzelnes Fahrzeug beim Abfallwirtschaftsbetrieb testweise HVO100 einsetzt, ist aus unserer Sicht nicht ausreichend, um fundierte Aussagen zu treffen. Wir regen dringend an, den Testeinsatz auf mehrere Fahrzeuge und verschiedene Dienststellen auszuweiten, um ein realistischeres Bild zu erhalten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: HVO100 ist keine perfekte, aber eine sofort verfügbare Lösung, die erhebliche Vorteile für Klimaschutz und Luftqualität bietet. „Anstatt den Einsatz vom umweltfreundlichen HVO100-Diesel vorschnell mit alten Argumenten abzulehnen, sollte eine so fortschrittliche Stadt wie München die Chance ergreifen, den Testbetrieb auszuweiten, die Beschaffung planvoll vorzubereiten und damit Klimaschutz, Luftqualität und Versorgungssicherheit gleichermaßen zu stärken. Wer jetzt handelt, verschafft der Stadt einen echten Vorsprung auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Mobilität“, fordert Dr. Michael Haberland.