HVO100 im Praxistest: 6.300 Kilometer quer durch Südeuropa

Um die Praxistauglichkeit auf der Straße direkt unter Beweis zu stellen, hat der Verein eFuelsNow e.V. eine bahnbrechende Tour organisiert: Eine 13-tägige Tour über knapp 6.300 Kilometer von Stuttgart aus durch Italien, Griechenland und Malta. Das Besondere dabei war nicht die weite Strecke, sondern der Kraftstoff. Denn während der Fahrt wurde der vollsynthetische HVO100 getankt. Und dabei hatte das Tourfahrzeug noch nicht mal eine HVO/XTL Freigabe, dafür aber eine sehr ökologische Lifecycle-Bilanz. Diese wurde nicht nur allein durch den fast klimaneutralen Kraftstoff erreicht, den man auf der eFuelsNow Karte an über 12.000 Tankstellen als Beimischung und Reinkraftstoff finden kann.

Gefahren wurde die Tour mit einem Alfa Romeo 159 mit einem 2 Liter Common-Rail-Dieselmotor, Baujahr 2011. Der Motor, wurde in ähnlicher Bauform auch in einigen Opel- und Saab-Modellen eingebaut. Das 170PS starke Fahrzeug hat fast die Hälfte seiner beeindruckenden Laufleistung von knapp 400.000 Kilometern mit HVO100 zurückgelegt. So konnte eine äußerst nachhaltige Lifecycle-Bilanz erreicht werden. Der CO2-Footprint, der bei der Produktion entsteht, wurde doppelt so lange genutzt wie vorgesehen. Dazu kommt der neue Kraftstoff und die nachhaltige Weiternutzung der Infrastruktur ohne weitere CO2 Footprints. Der CO2 Rucksack ist also winzig und wurde schon lange amortisiert.

Obwohl Alfa Romeo keinerlei HVO-Freigabe erteilt hat, gab es nie Probleme mit dem Kraftstoff. Ganz im Gegenteil, berichtet eFuelsNow. HVO schont den Motor. Die Gruppe besteht aus Ingenieuren, die sich in der Freizeit für reFuels engagieren. Zum Oberbegriff reFuels (Betonung auf „R“) gehört neben dem strombasierten E-Fuel auch der reststoffbasierte HVO, wie eine Grafik des Karlsruher KIT zeigt. EfuelsNow ist nicht für oder gegen irgendeine Technologie. Wichtig sei ein marktwirtschaftlicher und technologieoffener Ansatz, der die individuellen Bedürfnisse der Autofahrer berücksichtigt. Denn Klimaschutz funktioniert nur mit den Menschen, betonen sie. Jeder soll den Antrieb wählen, den er mag. Auf die Energie kommts an.

Die Ingenieure tanken schon seit Jahren alle ihre privaten Dieselfahrzeuge mit dem neuen Kraftstoff, mit besten Erfahrungen. Die offizielle Motoren-Freigabe spielt für sie dabei überhaupt keine Rolle. HVO100 ist lediglich 6% leichter als fossiler Diesel und übertrifft sonst überall die bisherige Dieselnorm. Die Gruppe arbeitet sehr eng mit namhaften Universitäten zusammen, die den Kraftstoff intensiv getestet haben. In einem Video haben sie einen Motor nach 50.000km Dauernutzung untersucht mit besten Ergebnissen. Auch der Erfinder, die finnische Firma Neste, betont die Verträglichkeit von HVO100 in allen Dieselmotoren. Allerdings ist es nicht möglich, allen weltweit zugelassenen Dieselfahrzeugen nachträglich ein HVO-Zertifikat auszustellen. Das wäre sehr teuer und zeitintensiv. Bei sehr alten Dieselfahrzeugen, die noch nach deutscher Dieselnorm zertifiziert wurden, hat man das schließlich auch nicht getan. HVO hat seine Praxistauglichkeit außerdem bereits im Ausland unter Beweis gestellt. In einigen nordischen Ländern und auch in Kalifornien, wird der Kraftstoff schon seit 10 Jahren verkauft. Dort deckt HVO („Renewable Diesel“) bereits jetzt zwischen 20 und 50% des Dieselmarktes ab. Bis 2030 will man in Kalifornien sogar 80%  erreicht haben. An vielen Tankstellen (wie z.B. bei 76) kann man fast nur noch HVO tanken. Der Kraftstoff fließt täglich millionenfach auch in nicht dafür zertifizierte Fahrzeuge. Motorschäden sind trotzdem nicht bekannt.

Denn HVO ist nicht mit dem aggressiven Biodiesel zu vergleichen. Er ist sehr verträglich zu Dichtungen und Pumpen. EfuelsNow berichtet außerdem von einem deutlich ruhigeren Motorlauf und einem agileren Ansprechverhalten des Motors. Bei einigen Fahrzeugen sinkt auch der AdBlue Verbrauch, aufgrund der deutlich saubereren Verbrennung. Motor-Verkokungen bleiben aus.  

Das Tanken erwies sich auf der Reise als unkompliziert. Denn das HVO-Tankstellen-Netzwerk ist mittlerweile sehr dicht und wächst rasant. Während der gesamten Tour erreichte der Alfa Romeo durchschnittlich alle 25 Kilometer eine Station mit HVO100 (inclusive Beimischungen sogar alle 4 Kilometer). Über die gesamte Strecke wurde durchschnittlich 1,81 EUR/l bezahlt. Der günstigste Preis lag bei 1,71 EUR/l. In Italien ist HVO100 aktuell an sehr vielen Stationen 10 ct günstiger.

Seine Vorteile spielt der Kraftstoff besonders bei langen Strecken aus. Bedingt durch die hohe Energiedichte dauerte das Befüllen des leeren Tanks weniger als 2 Minuten. Danach war der Alfa wieder startklar für weitere 1100 klimafreundliche Kilometer. In Summe musste während der gesamten Tour lediglich 25 Minuten an Tankstellen gewartet werden. Das Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren in Stuttgart (FKFS) ermittelte für eine PKW Zapfsäule eine Leistung von 18.000KW.

Die Ergebnisse sind rundum verblüffend. Insgesamt konnte der CO2-Fußabdruck entlang der gesamten Strecke um bis zu 87 Prozent gesenkt werden, bei einem HVO-Anteil von 96 Prozent. Das entspricht ca. 27g CO2 pro Kilometer. 

Diese Erkenntnisse unterstreichen die auch künftig unverzichtbare Rolle von Fahrzeugen mit Otto- und Dieselmotor. Mobilität geht nicht nur von den Fahrzeugen aus. Auch die Energieträger müssen mobil sein. Und hier spielen flüssige Kraftstoffe (Kohlenwasserstoff-Ketten) ihre Trumpfkarte aus. Denn ihre besondere Eigenschaft ist die unübertroffene Transport- und Lagerfähigkeit. Die überlegene Energiedichte ermöglicht zudem eine leichte, platzsparende Fahrzeug-Konstruktion, bei gleichzeitig hoher Reichweite.

Das diese hohe Energie-Konzentration auch hinsichtlich des Strombedarfs sehr effizient sein kann, unterstreichen die Universitäten. Prof. Dr. Willner von der HAW Hamburg betont, dass man sogar strom-effizienter unterwegs ist, als mit einem Elektroauto. Denn im Abfall ist bereits viel Energie enthalten. Während der Produktion muss daher wenig Strom aufgewendet werden (unter 1,5KWh / Liter, siehe Grafik HAW). Da man Bestandstechnologie nutzen kann ist HVO außerdem besonders effizient hinsichtlich Zeit, Kosten und Ressourcen. Das bestätigt auch die schwedische Umweltschutzbehörde (Naturvårdsverket). Nach Ihren Zahlen hat HVO den mit Abstand größten Klimaimpact im Verkehrsbereich (Bericht des schwedischen Fernsehens).

In nordischen Ländern macht HVO bereits einen erheblichen Anteil des Dieselmarktes aus. Prof. Willner verweist in diesem Kontext auf eine Hochrechnung der Firma Neste zur Produktion restoffbasierter Kraftstoffe. Demnach ist es möglich, bei Nutzung sämtlicher Abfälle, bis 2040 jährlich 1.000 Megatonnen herzustellen. Mit dieser Menge könnten ca. 40 Prozent des weltweiten Verkehrsbedarfs (Straßenverkehr, Schiff und Flugzeug) abgedeckt werden. Diese Zahl entspricht auch Willners eigenen Erhebungen. Zusätzlich gibt es nach einer weiteren Studie, die ihm vorliegt, noch ein großes HVO-Potenzial von ca. 200 Megatonnen pro Jahr auf Jatropha-Basis. Jatropha wächst in Wüstenrandgebieten auf marginalen Böden, wo sonst nichts anderes wächst. Diese Menge an HVO aus Jatropha-Öl könnte den Kraftstoffbedarf der gesamten EU decken.

In Italien ist man den Weg bereits ein gutes Stück gegangen. Bereits heute existiert in einigen Kommunen ein ausgebautes öffentliches Rücknahme-System für Bioabfälle, die sich zu Kraftstoffen verarbeiten lassen. Die HAW Hamburg geht einen ähnlichen Weg. Sie hat ein Startup gegründet zum Bau kleiner dezentraler Produktionsanlagen, die direkt beim Reststoffverwerter eingesetzt werden können. Damit kann das Potential verschiedenster, bisher ungenutzter Abfälle voll ausgeschöpft werden. Die Liste der nutzbaren Rohstoffe ist lang.

Um die Produktionsmengen zu erreichen ist nicht nur, wie im Ausland, eine Anrechnung auf die gesetzliche Beimischungsquote wichtig. Wesentlich ist auch eine marktwirtschaftliche Denkweise. Denn Waren-Zuteilungen auf winzige Sektoren hemmen den Hochlauf und führen immer zu Mangel, Schiff und Flugzeug sind sehr kostenempfindliche Mini-Bereiche. Sie sind auf Mitnutzer dringend angewiesen. Das ermöglicht einen schnelleren Return-of-Invest zur Erweiterung der Produktion und dadurch günstigere Preise. Nur so kann der Produktionshochlauf gelingen. Bei der Herstellung des Flug-Kerosins entstehen außerdem die Auto-Kraftstoffe sowieso als Koppelprodukt. Und, die subventionieren dadurch auch das Flugticket. Es ist weder Kosten-, noch Ressourcen-effizient diese einfach wegzuschütten. Und es existiert auch gar keine Alternative. Denn ca. 99,5% des weltweiten Fahrzeugbestandes hat nun mal einen Otto- oder Dieselmotor unter der Haube. Eine Vollelektrifizierung ist auch aufgrund des zur Verfügung stehenden Stroms und der physikalischen Einschränkungen der Stromverteilung nicht möglich. Jeder soll daher den für sich passenden Antrieb frei wählen. Für den Klimaschutz ist sowieso nicht der Antrieb, sondern die Energie entscheidend.

Diese Zusammenhänge zeigen die Bedeutung technischer Aufklärung. Die Ingenieure von eFuelsNow engagieren sich deshalb gemeinsam mit den Universitäten. Dr. Toedter vom Karlsruher KIT und Prof Willner (HAW) ist bewusst, dass nicht jeder defossilisierte Kraftstoffe an der Tankstelle sehen möchte. Vermutlich deshalb werden einige logische Sachverhalte immer wieder verdreht kommuniziert. Das führt letztlich zur Verzögerung und Nichterreichung der Klimaziele.

Ob man will oder nicht, die synthetischen Kraftstoffe kommen so oder so. Mit dieser sehr eindrucksvollen Tour zeigen die Ingenieure von eFuelsNow was heute schon möglich ist. Die Karte erfährt daher ein immer regeres Interesse. Und man kann sich sicher sein, dass weitere Touren folgen werden.

Hier geht’s zur Reise-Webseite. Auf der aktuellen HVO-Tankstellenkarte von eFuelsNow können Sie die aktuellen HVO-Standorte entdecken. Anbei auch der Pressetext und die ausführliche Reiseanalyse.